Literatur
Fragen oder Anregungen

Unten sind zwei ausgewählte Artikel aus der

Januar 1858-Ausgabe der von Allan Kardec herausgegebenen

Spiritistischen Zeitschrift

 

 

Mama, ich bin da! 

 

Frau Dupont (Name geändert) hatte ein paar Monate zuvor ihr einziges Kind – eine 14jährige Tochter, der sie ihre ganze Liebe widmete – verloren. (...) Dieses Mädchen erlag einer langen und schmerzhaften Krankheit. Der gesundheitliche Zustand der Mutter, die aufgrund des Verlustes untröstlich war, verschlimmerte sich von Tag zu Tag. So sagte sie immer wieder, dass sie bald bei ihrer Tochter sein würde. Sobald sie von der Möglichkeit der Kommunikation mit Geistwesen erfuhr, beschloss Frau Dupont zu versuchen, mit ihrer Tochter Kontakt aufzunehmen, um eine Linderung für ihren Schmerz zu finden. Eine Bekannte von ihr war Medium, da aber beide bei der Kommunikation mit Geistwesen wenig Erfahrung hatten, vor allem bei so einem besonderen Fall, wurde ich (Allan Kardec) gebeten, an der Sitzung teilzunehmen. Nur wir drei waren anwesend: die Mutter, das Medium und ich. Im Folgenden steht das Ergebnis dieser ersten Sitzung:

Die Mutter:  »Geist von Julie, meiner lieben Tochter: Ich bitte dich, dich im Namen Gottes zu melden, falls er es zulässt.«

Julie:        »Mama, ich bin da!«

Die Mutter: »Bist du es, mein Kind, die mir antwortet? Wie kann ich denn wissen, ob du es bist?«

Julie:        »Lili«

 

          Anmerkung:    Lili war ein Kosename, den das Mädchen in ihrer Kindheit erhielt. Er war weder dem Medium noch mir bekannt, da sie bereits seit mehreren Jahren nur bei ihrem echten NamenJulie genannt wurde. Bei diesem klaren Hinweis auf die Identität des sich mitteilenden Geistwesens, brach die Mutter zusammen und löste sich in Tränen auf.

 

Julie:         »Mama, warum bist du so traurig? Ich bin glücklich, sehr glücklich. Ich leide nicht mehr und sehe dich immer.«

Die Mutter:  »Aber ich kann dich nicht sehen. Wo bist du?«

Julie:        »Gleich neben dir. Meine Hand liegt auf der von Frau Lacroix*, um sie schreiben zu lassen, was ich dir sage. Schau meine Handschrift an.« (Es war tatsächlich die Handschrift ihrer Tochter)

* geänderter Name des Mediums

Die Mutter:  »Du sagst: “meine Hand“. Hast du dann einen Körper?«

Julie:         »Ich habe nicht mehr den Körper, der mich so leiden ließ. Dennoch habe ich dieselbe Gestalt wie er. Bist du nicht froh, dass ich nicht mehr leide, da ich mich mit dir unterhalten kann?«

Die Mutter:  »Dann würde ich dich wieder erkennen, wenn ich dich sehen könnte!«

Julie:        »Ohne Zweifel! Und du hast mich schon oft in deinen Träumen gesehen.«

Die Mutter:  »In der Tat habe ich dich in meinen Träumen wieder gesehen. Aber ich dachte, dass es reine Einbildung sei.«

Julie:         »Nein, ich bin es wirklich, die immer bei dir ist und versucht, dich zu trösten. Ich war es, die dir die Idee einflößte, mit mir Kontakt aufzunehmen. Es gibt vieles, was ich dir erzählen möchte. Misstraue Herrn Chevalier (Name geändert). Er ist nicht ehrlich.«

 

Anmerkung: Dieser Mann, den nur die Mutter kannte und, der spontan erwähnt wurde, war noch ein Beweis für die Echtheit der Identität des sich mitteilenden Geistwesens.

 

Die Mutter:  »Was kann Herr Chevalier gegen mich tun?«

Julie:        »Ich kann es dir nicht sagen, das ist mir verboten. Ich kann dir nur raten, ihm zu misstrauen.«

Die Mutter:  »Bist du unter den Engeln?«

Julie:         »O, noch nicht! Ich bin nicht vollkommen genug.«

Die Mutter:  »Aber ich kannte an dir keinen Fehler. Du warst gut, sanft, liebevoll und wohlwollend zu allen. Reicht das nicht aus?«

Julie:        »Für dich, liebe Mama, hatte ich keinen Fehler. Das glaubte ich, da du es so oft gesagt hast! Aber jetzt sehe ich, was mir noch fehlt, um vollkommen zu sein.«

Die Mutter:  »Wie wirst du die Eigenschaften erwerben, die dir dazu noch fehlen?«

Julie:        »In neuen Existenzen, die immer glücklicher sein werden.«

Die Mutter:  »Ist es auf der Erde, wo du diese neuen Existenzen haben wirst?«

Julie:         »Davon weiß ich nichts.«

Die Mutter:  »Da du während deines Lebens nichts Böses getan hattest, warum hast du dann so sehr gelitten?«

Julie:         »Prüfung! Prüfung! Ich habe sie, aufgrund meines Vertrauens zu Gott, mit Geduld ausgehalten. Darum bin ich heute sehr glücklich. Bis bald, liebe Mama.«

 

Angesichts solcher Tatsachen, wer würde es wagen, von dem Nichts nach dem Tod zu sprechen, wenn sich das Leben nach dem Tod sozusagen auf greifbare Weise offenbart? Diese Mutter, die von Kummer gequält worden war, genießt heute eine unbeschreibliche Freude darüber, sich mit ihrem Kind unterhalten zu können. Es gibt zwischen den beiden keine Trennung mehr. (...)

“Ich wünschte mir“,sagte diese Mutter zu mir, “dass alle, die ihre geliebten Menschen auf der Erde verloren haben, den gleichen Trost empfinden könnten wie ich!“ (...)

                                                                                                                          weiter

 

 

Startseite
spiritismus.net

Spiritistische Zeitschrift

(Ausgabe vom Januar 1858)