Einige Klärungen aus dem Buch Himmel und Hölle

(einem der Grundwerke der spiritistischen Lehre)

(Fortsetzung 3)

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Was ist der Spiritismus und wie ist er entstanden?

 

Kapitel 2

                                Glückliche Geistwesen

 

 

Victor Lebufle

Victor Lebufle war ein junger Mann, der am Hafen der französischen Stadt Le Havre als Lotse arbeitete und im Alter von 20 Jahren starb. Er wohnte bei seiner Mutter, einer armen Verkäuferin, um die er sich mit der zärtlichsten und liebevollsten Fürsorge kümmerte und die er mit den Einnahmen aus seiner harten Arbeit unterhielt. Nie sah man ihn Kneipen besuchen oder sich den in seinem Beruf so häufigen Ausschweifungen hingeben, da er nicht den geringsten Anteil seines Gehalts von dessen gutem Zweck ablenken wollte. All die Zeit, die er nicht bei seiner Arbeit verbrachte, widmete er seiner Mutter, um ihr Überanstrengungen zu ersparen.

Seit langem war er von einer Krankheit befallen, von der er fühlte, dass er daran sterben würde. So verbarg er sein Leiden, um seiner Mutter Sorgen zu ersparen und sie nicht auf den Gedanken kommen zu lassen, ihre Arbeit auf sich selbst nehmen zu wollen. In einem Alter, in dem man für Laster aller Art so anfällig ist, musste dieser junge Mann eine Menge moralischer Integrität und einen starken Willen haben, um den schädlichen Einflüssen des Umfeldes, in dem er lebte, zu widerstehen. Er hatte eine gutherzige Seele und sein Tod war sehr lehrreich.

Am Tag vor seinem Tod bat er seine Mutter nachdrücklich, sich etwas auszuruhen, und sagte, dass er selbst auch ein wenig Schlaf brauche. Während des Schlafs hatte seine Mutter eine Vision: Sie befand sich in tiefer Dunkelheit. Dann sah sie einen leuchtenden Punkt, der immer größer wurde, bis das Zimmer mit einer intensiven Helligkeit ausgefüllt war. Daraus stach die strahlende Gestalt ihres Sohnes heraus, der sich in den unendlichen Weltraum erhob. Sie begriff, dass sein Ende nahe war. In der Tat verließ Victors schöne Seele am nächsten Tag die Erde, während seine Lippen ein Gebet murmelten.

Eine spiritistische Familie, die seine schöne Lebensführung kannte und am Geschick seiner allein zurückgebliebenen Mutter Anteil nahm, kam kurze Zeit nach seinem Tod auf die Idee, seine Seele auf einer Sitzung zur Kommunikation mit Geistwesen zu rufen. Allerdings teilte er sich spontan mit und gab folgende Nachricht:

“Ihr möchtet wissen, wie es mir jetzt geht: Ich bin glücklich. Oh, sehr glücklich! Lasst euch nicht von Leid und Bedrückung entmutigen, denn sie sind die Quelle von Segen und Glück nach dem Tod.

Glück! Ihr versteht nicht, was dieses Wort bedeutet! Die Freuden auf der Erde sind so weit von der entfernt, die man empfindet, wenn man zu Jesus mit reinem Gewissen zurückkehrt...

Ach, meine Freunde! Das Leben ist mühsam und schwierig, wenn man nicht bedenkt, dass all diese Schwierigkeiten ein Ende haben werden. Aber ich muss euch ehrlich sagen: Sobald ihr zu uns kommt, falls ihr im Leben dem Gesetz Gottes gefolgt seid, werdet ihr weit über eure Leiden und die Verdienste hinaus belohnt werden, die ihr für das Leben nach dem Tod erworben zu haben glaubt. Seid gut und übt Nächstenliebe, und darunter meine ich die Nächstenliebe, die vielen unbekannt ist und Wohlwollen genannt wird. Helft euren Mitmenschen; tut mehr für sie, als ihr für euch selbst wünschen würdet, denn ihr kennt das Elend der anderen nicht, wie ihr eures kennt.

Helft meiner Mutter, meiner armen Mutter: das Einzige, dem ich auf der Erde nachtrauere. Sie muss durch weitere Prüfungen gehen und in den Himmel gelangen.

Lebt wohl! Ich gehe zu ihr.

Victor

 

Kommentar des Geistführers[1] des Mediums, durch das sich der Geist von Victor mitteilte:

“Nicht immer sind die Leiden der Menschen auf der Erde die Folge ihrer unglücklichen Taten aus dem aktuellen oder aus einem früheren Leben. Die Geistwesen, die auf den Willen Gottes zur Erde kommen, um eine Mission zu erfüllen – darunter dasjenige, das sich euch gerade mitteilte – freuen sich darüber, Drangsale auf sich zu nehmen, durch die andere als Folge ihrer unglücklichen Taten aus der Vergangenheit gehen. (...)

Dieses Geistwesen (Victor) hatte in seinem letzten Leben keine glänzende Mission (...). Vor allen Dingen hatte er eine Pflicht der Dankbarkeit gegenüber der Frau, die seine Mutter war. Außerdem sollte er zeigen, dass man selbst in den schlimmsten Kreisen reine Seelen mit edlen und erhabenen Gefühlen finden kann, und dass man mit starkem Willen jeder Art Versuchung zu widerstehen vermag. Dies ist ein Beweis, dass die moralischen Eigenschaften jedes Menschen ihren Ursprung in früheren Leben haben, und sein Beispiel wird nicht vergeblich gewesen sein.”

 

 

 

 

Maurice Gontran

Maurice Gontran war Einzelkind und starb im Alter von 18 Jahren an einer Lungenerkrankung. Mit seltener Intelligenz, frühreifem Verstand, großer Liebe zum Lernen, sanftmütigem, liebevollen und sympathischen Charakter besaß er alle Eigenschaften, die eine glänzende Zukunft voraussehen ließen. Mit großem Erfolg hatte er frühzeitig seine Ausbildung absolviert und arbeitete für die Politechnische Hochschule. Sein Tod bereitete seinen Eltern einen solchen Schmerz, der tiefe Spuren hinterließ. Denn, da er schon immer eine schwache Gesundheit gehabt hatte, machten sie die Arbeit, zu der sie ihn getrieben hatten, für seinen frühzeitigen Tod verantwortlich. Aus diesem Grund fühlten sie sich daran schuld und sagten: “Was nützt ihm jetzt alles, was er gelernt hat? Es wäre doch besser gewesen, wenn er ungebildet geblieben wäre, denn er brauchte das nicht zum Leben und wäre bestimmt noch unter uns. Er wäre der Trost unserer alten Tage.“ (...) Später fanden sie im Spiritismus den wahren Trost für ihren Schmerz. Der folgende Dialog wurde zwischen dem Geist von Maurice, ein paar Monate nach seinem Tod, und einem Freund seiner Eltern auf einer Sitzung zur Kommunikation mit Geistwesen geführt:

(Ein Freund von Maurices Eltern): “Lieber Maurice, die liebevolle Zuneigung, die du für deine Eltern hattest, gibt mir die Gewissheit, dass du ihnen wieder Mut machen möchtest, falls dies in deiner Macht steht. Der Kummer, ich würde eher sagen die Verzweiflung, in die dein Tod sie stürzte, greift ihre Gesundheit sichtlich an und macht sie des Lebens überdrüssig. Einige tröstliche Worte von dir würden ihnen bestimmt wieder Hoffnung geben...”

(Maurice): “Mein alter Freund, ich wartete sehnsüchtig auf die Gelegenheit, die du mir jetzt bietest, mich mitzuteilen. Der Schmerz meiner Eltern betrübt mich, aber er wird sich legen, sobald sie die Gewissheit haben, dass sie mich nicht verloren haben. Du musst dich darum bemühen, sie von dieser Wahrheit zu überzeugen, und mit Sicherheit wird es dir gelingen. Dieses Ereignis war notwendig, um sie zu einem Glauben zu bringen, der sie glücklich machen wird. Denn er wird verhindern, dass sie über die Beschlüsse der Vorsehung murren. Wie du weißt, war mein Vater skeptisch gegenüber dem Leben nach dem Tod. Gott erlaubte, dass er durch diesen Kummer ging, um ihn aus seinem Irrtum herauszubringen. Wir werden uns hier wieder treffen, in dieser Welt, wo man die Drangsale des Lebens nicht mehr kennt und in die ich vor ihnen kam. Mach ihnen aber klar, dass ihnen die Freude, mich hier wieder zu sehen, verweigert wird, wenn sie kein Vertrauen in die Güte Gottes haben. In diesem Fall würde es mir sogar untersagt werden, von hier aus mit ihnen in Kontakt zu treten, solange sie noch auf der Erde leben.

Verzweiflung ist eine Auflehnung gegen den Willen Gottes, die immer bestraft wird durch eine Verlängerung dessen, was diese Verzweiflung hervorrief, bis die Auflehnung durch Akzeptanz abgelöst wird. Verzweiflung ist ein wahrer Selbstmord, denn sie untergräbt die Körperkräfte. Und wer sein Leben mit dem Ziel verkürzt, seinem Leiden zu entkommen, der erlebt später die grausamsten Enttäuschungen. Man muss, im Gegenteil, für die Erhaltung seiner Körperkräfte sorgen, um die Schwere der Prüfungen im Leben leichter zu ertragen.

Meine guten Eltern, jetzt wende ich mich an euch. Seit ich meinen sterblichen Körper verließ, bin ich ständig bei euch, und zwar viel öfter als zu meinen Lebzeiten auf der Erde. Seid somit getröstet, denn ich bin ja nicht tot. Nur mein Körper ist gestorben, aber mein Geist lebt weiter. Er ist frei, glücklich und nicht mehr anfällig für Krankheiten, Gebrechen und Schmerz. Anstatt traurig zu sein, freut euch doch zu wissen, dass ich an einem Ort bin, wo es keine Sorgen und Beunruhigungen gibt, wo sich das Herz von einem Gefühl reiner und unaufhörlicher Freude überwältigt wird.

Ach, meine Freunde! Beklagt nicht diejenigen, die frühzeitig sterben. Denn das ist ein Segen, den Gott ihnen gewährt, um ihnen die Drangsale des Lebens auf der Erde zu ersparen. Meine Existenz auf der Erde sollte sich diesmal nicht länger hinziehen, da ich dort schon das Notwendige erworben hatte, um mich darauf vorzubereiten, in einem zukünftigen Leben eine noch wichtigere Mission zu erfüllen. Könnt ihr euch vorstellen, welchen Gefahren und Versuchungen ich ausgesetzt sein würde, wenn ich noch viele Jahre lang bei euch weiter lebte? Und angenommen, ich würde versagen, weil ich nicht stark genug gewesen wäre, um zu widerstehen: Wisst ihr, dass das für mich eine Verzögerung mehrerer Jahrhunderte hätte bedeuten können? Warum dann etwas bedauern, was für mich vorteilhaft ist? Ein untröstlicher Schmerz würde in diesem Fall auf einen Mangel an Gottvertrauen hindeuten, der auf dem Glauben beruht, dass es nach dem Tod nichts mehr gibt. O ja, diejenigen, die diesen entmutigenden Glauben haben, sind bemitleidenswert, denn für sie gibt es keinen möglichen Trost. Sie glauben, ihre geliebten Menschen für immer verloren zu haben; das Grab nimmt ihnen die letzte Hoffnung!”

(Ein Freund von Maurices Eltern): “War dein Tod schmerzhaft?”

(Maurice): “Nein, mein Freund, ich litt nur vor dem Tod unter meiner Krankheit. Aber dieses Leiden nahm in dem Maße ab, wie mein letzter Augenblick nahte. Dann, eines Tages, schlief ich ein, ohne an den Tod zu denken und hatte einen wunderschönen Traum! Ich träumte, dass ich geheilt war; dass ich nicht mehr litt. Ich atmete in tiefen Zügen und mit Genuss eine duftende und stärkende Luft ein. Ich wurde von einer unbekannten Kraft fortgetragen. Ein helles Licht strahlte um mich herum, aber ohne meine Augen anzustrengen. Ich sah meinen Opa: Er sah nicht mehr dünn und angeschlagen aus, sondern jugendlich und kräftig. Er streckte mir die Arme entgegen und drückte mich fest an sein Herz.

Eine Menge andere Leute mit lächelndem Gesicht begleiteten ihn. Alle empfingen mich herzlich und freundlich. Es schien mir, als ob ich sie wieder erkennen würde. Ich war darüber glücklich, sie wieder zu sehen, und wir alle tauschten Worte und Bekundungen der Freundschaft aus. Nun, was ich für einen Traum hielt, war Wirklichkeit, denn aus diesem Traum sollte ich nicht mehr auf der Erde, sondern in der geistigen Welt aufwachen.”

(Ein Freund von Maurices Eltern): “Wurde deine Krankheit nicht durch deinen zu großen Fleiß beim Lernen verursacht?”

(Maurice): “O nein, da kannst du dir sicher sein! Die Zeit, die ich auf der Erde leben sollte, war schon festgelegt, so dass ich von nichts hätte aufgehalten werden können. Meine Seele wusste das allzu gut in den Augenblicken, wo sie sich vorübergehend von meinem physischen Körper befreite (während des Schlafs), und freute sich zu wissen, dass sie sich bald endgültig von diesem trennen würde. Aber die Zeit, die ich auf der Erde verbrachte, war nicht nutzlos, und heute freue ich mich, sie nicht versäumt zu haben. Mein fleißiges Lernen stärkte meine Seele und erweiterte meine Kenntnisse. Und wenn ich diese, aufgrund meiner kurzen Existenz unter euch, nicht anwenden konnte, werde ich es später und mit noch mehr Nutzen tun.

Leb wohl, lieber Freund. Ich gehe zu meinen Eltern, um sie für den Erhalt dieser Botschaft, die du ihnen überbringen wirst, empfänglich zu machen.

Maurice  



[1]  Jedes Medium wird von einem Geistführer betreut. Es handelt sich um ein gutes Geistwesen, das in diesem Fall mit der Aufgabe betraut ist, seinem Schützling dabei zu helfen, als Vermittler zwischen Menschen und Geistwesen zu dienen.

 

 

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