Einige Klärungen aus Das Buch der Geister

(einem der Grundwerke der spiritistischen Lehre)

(Fortsetzung 1) 

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5)  Tugenden und Laster

 

a)  Was ist die Verdienstvollste aller Tugenden?

Alle Tugenden sind verdienstvoll, denn sie sind ein Zeichen des Fortschritts auf dem Weg des Guten. Tugend ist immer dann vorhanden, wenn man seinen schlechten Neigungen freiwillig widersteht. Die Erhabenheit der Tugend besteht in der Opferung des eigenen Interesses zum Wohl der Mitmenschen, und zwar ohne Hintergedanken. Somit beruht die verdienstvollste Tugend auf reinster Nächstenliebe, die nichts im Gegenzug erwartet.

 

b)  Es gibt Menschen, die nicht materialistisch sind und mit ihren materiellen Gütern verschwenderisch umgehen, ohne sie zu einem vernünftigen Zweck zu nutzen. Haben solche Menschen ein Verdienst?

Sie haben das Verdienst, sich nicht an Geld zu klammern, aber nicht für die Dinge, die sie damit machen könnten und dennoch nicht machen. Die Tatsache, dass man sich nicht an Geld klammert, ist zwar eine Tugend, aber der verschwenderische Umgang damit ist zumindest ein Zeichen von Unvernunft. Gott vertraut bestimmten Menschen Reichtum nicht dazu an, ihn zum Fenster hinauszuwerfen oder ohne Nutzen in einem Tresor eingeschlossen zu halten. Über seine Nutzung werden sie später Rechenschaft geben müssen. Denn sie werden sich verantworten müssen für all das Gute, das sie hätten tun können und nicht taten, und für alle Tränen, die sie mit Hilfe des Geldes hätten trocknen können, das sie anderen gaben, die es nicht brauchten.

 

c) Ist es tadelnswert, sich Reichtum zu wünschen mit dem Ziel, mit ihm gute Werke zu tun?

Die Absicht ist sicherlich lobenswert, aber man sollte sich dabei fragen: Verbirgt sie vielleicht nicht irgendein persönliches Interesse? Schließlich, ist nicht oft die erste Person, der man etwas Gutes tun möchte, man selbst?

 

d)  Was ist das schlimmste Laster, das der Mensch überhaupt haben kann?

Es ist ohne Zweifel der Egoismus, denn von ihm stammen alle anderen Laster. Um sie bekämpfen zu können, müssen wir das Übel am Keim ersticken, d.h. seine Ursache beseitigen. Alle unsere Anstrengungen müssen darauf zielen, denn der Egoismus ist die wahre Plage der Gesellschaft, da er mit der Gerechtigkeit, Liebe und Nächstenliebe unvereinbar ist und alle anderen Qualitäten des Menschen aufhebt.

 

 

6) Die Notwendigkeit der Arbeit

 

a)   Sind die Menschen, die genug besitzen, um sich finanziell abzusichern, von der Notwendigkeit der Arbeit befreit?

Sie mögen von der Ausübung eines Berufs befreit sein, aber nicht von der Pflicht, sich je nach ihren Möglichkeiten nützlich zu machen. Wenn jemand zur Sicherung seines Daseins nicht seinen Lebensunterhalt zu verdienen braucht, dann ist seine Pflicht, sich für seine Mitmenschen nützlich zu machen umso größer, je mehr Gelegenheiten ihm zur Verfügung stehen, anhand der ihm von Gott anvertrauten finanziellen und materiellen Mittel das zu tun.

 

b)  Aber was ist dann mit den Menschen, die etwa aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht arbeiten können?

Gott ist gerecht. Er missbilligt nur, dass man sein Leben nutzlos macht, denn ein solcher Mensch lebt auf Kosten der Arbeit anderer. Er will, dass sich jeder je nach seinen Fähigkeiten nützlich macht.

c)  Haben die Kinder die Pflicht, für ihre Eltern zu sorgen?

Aber sicher! So wie die Eltern für ihre Kinder sorgen müssen. Aus diesem Grund machte Gott aus der Liebe zwischen Kindern und Eltern ein angeborenes Gefühl. Durch diese gegenseitige Zuneigung werden Mitglieder derselben Familie dazu gebracht, sich gegenseitig zu unterstützen und zu helfen, was aber von vielen Familien oft vernachlässigt wird.

 

d) Was für eine Wahl hat ein alter Mensch, der arbeiten muss, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wenn er es nicht mehr kann?

Der Starke soll für den Schwachen arbeiten. Falls dieser aber keine Familie hat, besagt das Gesetz der Nächstenliebe, dass die Gesellschaft dann an ihre Stelle treten soll.

 

 

7)  Der Krieg

 

a)  Was treibt den Menschen in den Krieg?

Was den Menschen in den Krieg treibt, ist die Tatsache, dass seine tierische Natur immer noch über seine spirituelle Natur vorherrscht. Im Zustand der Barbarei kennen die Völker nur das Recht des Stärkeren, weswegen der Krieg für sie eine normale Angelegenheit ist. Allerdings, je mehr der Mensch sich moralisch weiterentwickelt, desto seltener werden die Kriege und desto mehr stoßen sie ihn ab.

In den Fällen, bei denen sie aber nicht zu vermeiden sind, handelt er auf möglichst humane Weise. Die internationalen Kriegskonventionen stellen ein Beispiel für den Anfang dieser Tendenz dar.

 

b)  Wird der Krieg eines Tages von der Erde verschwinden?

Ja, wenn die Menschen einen besseren Sinn für Gerechtigkeit haben und die Gesetze Gottes erfüllen. Dann werden sich alle Völker brüderlich die Hand reichen.

 

 

8) Die Todesstrafe

 

a)  Wird die Todesstrafe eines Tages auf der ganzen Welt abschafft werden?

Die Todesstrafe wird eines Tages zweifellos von der Erde verschwinden und ihre Abschaffung wird einen immensen Fortschritt für die Menschheit darstellen.

 

b) Der Mensch hat das Recht, sein Leben zu erhalten. Bedient er sich nicht dieses Rechts, wenn er gegen Individuen, die eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen, die Todesstrafe verhängt?

Es gibt andere Mittel, sich vor der Gefahr zu bewahren, als jemanden zu töten. Man muss übrigens dem Kriminellen die Tür der Reue öffnen, statt sie zu schließen.

c)  Der Todesstrafe wird mit dem Fortschritt der Menschheit allmählich auf der ganzen Welt abgeschafft, aber war sie nicht zu früheren Zeiten der Geschichte doch notwendig?

Notwendig ist nicht das richtige Wort. Der Mensch glaubt, dass etwas dann notwendig ist, wenn er keine bessere Alternative findet. Aber je mehr er sich aufklärt, desto besser versteht er, was richtig oder falsch, gerecht oder ungerecht ist, und verabscheut die Exzesse, die zu Zeiten der Unwissenheit im Namen der Gerechtigkeit begangen wurden.

 

 

9)  Der Gang des Fortschrittes

 

a) Die Verdorbenheit des Menschen ist sehr groß. Scheint es nicht so, als ob er sich eher zurück- als weiterentwickeln würde, zumindest in moralischer Hinsicht?

Da irrt man sich! Wenn man das Ganze betrachtet, stellt man fest, dass sich der Mensch doch weiterentwickelt, da er immer besser versteht, was für sich und die Gesellschaft, in der er lebt, schädlich ist, und jeden Tag Missbräuche korrigiert. Leider ist es manchmal notwendig, dass das Böse bis zum Extrem geht, um ihm die Notwendigkeit des Guten und der sozialen Reformen zu zeigen.

 

 

10)   Die verschiedenen Völker und die Zivilisation

 

a)  Die verschiedenen Völker sind Gruppen von Individuen, die, wie diese, durch ihre Kindheit, das Erwachsenenalter und das Greisenalter gehen. Lässt diese Tatsache, die im Verlauf der Menschheitsgeschichte bestätigt werden kann, nicht darauf schließen, dass die meistfortgeschrittenen Völker der Gegenwart irgendwann ihren Untergang erleben werden, wie die der Antike?

Die materialistischen Völker, die ein ausschließlich materialistisches Leben führen und deren Größe lediglich auf Gewalt und der Ausdehnung ihrer politischen Einflussstärke beruht, entstehen, entwickeln sich und gehen irgendwann unter. Denn die Stärke solcher Völker erschöpft sich wie die eines Menschen am Ende seines Lebens. Die Völker, deren egoistische Gesetze den Fortschritt des Lichtes und der Nächstenliebe verzögern, gehen unter, denn das Licht löst die Finsternis auf und die Nächstenliebe beseitigt den Egoismus.

Aber jene Völker, deren Gesetze mit den ewigen Gesetzen Gottes im Einklang stehen, werden weiter gedeihen und der Leuchtturm der anderen Völker sein.

 

b)  Wird der Fortschritt eines Tages dazu führen, dass alle Völker der Erde in einer einzigen großen Nation leben werden?

Alle Völker in einer einzigen Nation zu umfassen, wäre unmöglich, denn durch die Vielfalt an Klimas entstehen unterschiedliche Gewohnheiten und Bedürfnisse, die die verschiedenen Nationalitäten ausmachen. Aus diesem Grund werden sie immer Gesetze brauchen, die sich für die jeweiligen Gewohnheiten und Bedürfnisse eignen. Aber die Nächstenliebe kennt keine Grenzen, noch unterscheidet sie die Menschen nach ihrer Hautfarbe. Wenn die Gesetze Gottes die Basis der menschlichen Gesetze sind, werden alle Völker die Nächstenliebe unter sich ausüben, sowie die Menschen unter sich. Dann werden sie glücklich und in Frieden leben, denn niemand wird seinem Mitmenschen schaden oder auf Kosten anderer leben.

 

c)  Woran erkennt man eine ausgereifte Zivilisation?

Sie kann an ihrem moralischen Fortschritt erkannt werden. Viele Menschen glauben, dass die Menschheit aufgrund der großen Entdeckungen und Erfindungen der heutigen Zeit sehr fortgeschritten sei. Allerdings wird der Mensch erst das Recht haben zu behaupten, wahrhaft zivilisiert zu sein, wenn er aus der Gesellschaft die Laster beseitigt, die ihn entwürdigen, und wenn er mit seinen Mitmenschen in Frieden und Harmonie lebt. Bis dahin wird die Menschheit lediglich aus aufgeklärten Völkern bestehen, die nur die erste Phase der Zivilisationsentwicklung durchlaufen haben.

 

 

11)   Fortschritt der menschlichen Gesetze

 

a) Was ist die Ursache der Instabilität der menschlichen Gesetze?

Zu Zeiten der Barbarei waren es die Stärksten, die die Gesetze bestimmten, um selbst von ihnen zu profitieren. Diese mussten im Laufe der Zeit erheblich geändert werden, und zwar in dem Maße, wie der Mensch die Gerechtigkeit besser begriff. Die menschlichen Gesetze sind umso stabiler, je mehr sie sich nach der wahren Gerechtigkeit richten, d.h. je mehr sie wirklich für alle Menschen gelten und mit den Gesetzen Gottes im Einklang stehen.

 

b)  Sind in unserer gegenwärtigen Gesellschaft strenge Strafgesetze eine Notwendigkeit?

Eine verdorbene Gesellschaft braucht ohne Zweifel strengere Gesetze. Leider zielen sie eher darauf, das Übel zu bestrafen, nachdem es bereits eintrat, als es im Keim zu ersticken. Nur eine gute Erziehung kann die Menschen moralisch erneuern, die dann nicht mehr so strenge Gesetze benötigen werden.

 

 

c)  Was könnte den Menschen dazu bringen, seine Gesetze zu reformieren?

Das passiert von ganz allein mit der Zeit, und durch den Einfluss guter Menschen, die ihn den Weg des Fortschritts entlangführen. Viele wurden bereits reformiert und viele weitere werden noch reformiert werden.

 

 

 

12)  Handlungs- und Gewissensfreiheit

 

a)  Soll man jeden Glauben respektieren, selbst wenn er bekanntlich Unwahrheiten verbreitet?

Jeder Glaube soll respektiert werden, wenn er ehrlich gemeint ist und zur Ausübung des Guten ermutigt. Ein verwerflicher Glaube ist jener, der verwerfliche Taten anregt und Disharmonie zwischen den Menschen schürt.

 

b)  Verletzt man die Gewissensfreiheit, wenn man die Ausübung eines Glaubens beschränkt, der Probleme für die Gesellschaft verursacht?

Die äußeren Handlungen eines Glaubens zu unterdrücken, wenn er anderen auf irgendeine Weise schadet, ist keine Verletzung der Gewissensfreiheit. Denn die Unterdrückung dieser schädlichen Handlungen hindert einen nicht daran, seinen Glauben zu behalten.

 

 

13)   Der freie Wille

 

a) Hat der Mensch immer seinen freien Willen?

Wie er frei zu denken ist, so ist er auch frei zu handeln. Ohne den freien Willen wäre der Mensch wie eine Maschine.

 

b)  Ist die Trunkenheit eine Entschuldigung für die Ausübung verwerflicher Handlungen?

Nein, weil derjenige, der sich betrinkt, beraubt sich freiwillig seiner Vernunft, um brutale Leidenschaften zu befriedigen. Statt eines Fehlers, begeht er zwei.

 

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Was ist der Spiritismus und wie ist er entstanden?